Träume heute oder die Geräuschvermischung von Klospülung und überfliegendem Jet zu einem romantischen Gefühl

Radiogetöse erst, dann das Piepsen einer Armbanduhr, gefolgt von herkömmlichem Weckergerassel, dieses nervtötende Crescendo der alltäglichen Morgensymphonie bis zum unerträglich laut-sonoren Summgetön meiner neuesten Erwerbung, einem elektronisch präzisen Elend, das zu überschlafen mir bisher noch nicht gelang, höchstens es immer wieder abzuschalten, um in schmollender ’nur-noch-fünf-Minuten‘-Dumpfheit weiterzudösen, liebevoll habe ich dieses Ding ‚Live-Kill‘ getauft.

Das ‚liebevoll‘ meine ich durchaus ernst, denn dieses unbeugsame Etwas ermöglicht mir erst die Sekundenbruchteil-Alpträume des Halbschlafes in dieser Grauzone zwischen Wach und Weg, lassen jeden 3D-Dolby-Stereo-KIno-Grusel-Thriller wie ein kitschiges Kinderbilderbuch, Hitchcock’s Vögel wie flügellahmes Geflattere in der Morgendämmerung erscheinen. Was hätte dieser Mensch mit solch martialischen Weckinstrumenten noch leisten können, denke ich und begreife langsam die Tragweite heutiger ‚Morning-High-Tech‘.

Die Kaffeemaschine brabbelt vor sich hin, ich versuche das kribbelige Gefühl all dieser grün-rot-schwarz-braunen Männchen loszuwerden, die in immer neuen Scharen mich gebundenen Gulliver in immer neuen Morgen-Alpträumen überkriechen, beißen und stechen, offene und schwer heilende Wunden schlagen, bis es aus dunklen Wolken erst Geld regnet, so daß sie von mir ablassen und es gierig aufzusammeln beginnen und ich aufatme, umsonst, denn plötzlich hagelt es Unmengen von Rolls-Royce, die sie alle und auch mich zu einer stumpf-grauen Pampe zermatschen.

Der Kaffee ist dünn, weil das Mehl verbraucht ist, muß ich wohl neues kaufen, suche mein Portemonnaie, sehe hinein, muß erst das Flimmern grauer Pampe aus den Augen reiben, ja, das haut noch hin, denke mir, Geld macht doch glücklich und zufrieden und Kaffee stark, welch ein Alptraum, ein Leben ohne Geld, mit immer dünnerem Kaffee, Geld erst macht Träume wahr.

Duschen, anziehen, die Türe auf, der Tag beginnt, und da nichts war, ist jetzt später Abend, der Tag am Ende, die Türe wieder zu, das Ich zurück im Ich, das Bier oder die einsame Flasche Wein trinke ich mit mir aus einem Glas.

Bis auf unvermeidliche Übergänge ertönt laut, extra laute Musik undefinit stöhnend suchende, vermeintlich oder auch wirklich findende Geräusche unterschiedlichster Zweisamkeiten neben, über und unter mir, deren beschworene Ewigkeiten sich in wechselnden Briefkastennamensschildern überkleben.

Es ist spät, ich bin müde, Druckspüler spülen, vermischen sich mit dem Dröhnen von Düsentriebwerken zu einem romantischen Gefühl eines neuen Morgen und seiner Träume.